Protokoll Camp-Abschlussplenum 2008

Hallo,
in dieser Mail findet ihr ein Protokoll jenes (ca. 1-stündigen) Gesprächsabschnitts des gemeinsamen Nachbereitungstreffens von Klima- und Antiracamp (28. September), in dem es um den Filmkonflikt gegangen ist. Zur Erinnerung: Auf dem Camp im Sommer hatte es eine massive Auseinandersetzung anlässlich einer Filmvorführung im Vokübereich gegeben. Worum es genau ging, könnt ihr einer kleinen Textsammlung entnehmen, welche sich am Ende dieser Mail befindet. Besagte Textsammlung ist im Übrigen auch Grundlage für das Gespräch während des Nachbereitungstreffens gewesen.
Bereits das Protokoll des Camp-Abschlussplenums war kein reines Protokoll. Es hat vielmehr im Interesse des besseren Verständnisses ergänzende Informationen, Hinweise und Einschätzungen enthalten. In diesem Sinne ist auch das heute verschickte Protokoll mehr als bloßes Protokoll. Denn am Ende werden (aus Sicht des Protokollanten) Vorschläge zum weiteren Vorgehen formuliert selbstredenderweise in Anlehnung an die beiden bislang erfolgten Gespräche. Worum es genau geht, dem soll hier nicht vorgegriffen werden, einfach deshalb, weil zunächst einmal alle auf einen gemeinsamen Stand kommen sollten.
So viel zur Vorrede,herzliche Grüße,
Olaf/NoLager Bremen
(Protokollant)
Filmkonflikt: Protokoll
Teil II (Teil I des Protokolls bezieht sich auf das Camp-Abschlussplenum es befindet sich in der bereits erwähnten Textsammlung am Ende dieser Mail)
Am Anfang erfolgte zunächst ein längerer Gesprächsabschnitt darüber, wie derartigen Konfliktverläufen zukünftig vorgebeugt werden könnte. Eine Position lautete (wie es bereits auf dem Abschlussplenum des Camps formuliert worden war), dass es prinzipiell gut wäre, wenn sich möglichst viele CampteilnehmerInnen in solchen Situationen aktiv und verantwortlich verhalten würden (um z.B. zu gewährleisten, dass ein von vielen als problematisch empfundener Film frühzeitig abgestellt wird). Dem wollte niemand widersprechen. Es wurde allerdings auch betont (nicht zuletzt unter Verweis auf die Erfahrungen beim Jenaer Grenzcamp 2002), dass es des Weiteren hilfreich wäre, wenn es eine Gruppe gäbe, die sich eigens auf solche Situationen vorbereiten würde  Stichwort: Awareness- bzw. Ansprechgruppe.
Bezüglich letzterem hieß es sodann, dass die Verantwortlichkeit für Awareness- bzw. Ansprechgruppen rotieren müsste. Erstens weil die entsprechende Arbeit emotional sehr belastend bzw. anspruchsvoll sei und eine ’normale‘ Teilnahme am Camp weitgehend verhindere. Und zweitens, weil Awareness- bzw. Ansprechgruppen im Konfliktfall de facto eine ganze Menge (Durchsetzungs-)Macht besitzen würden vor allem im Hinblick auf bekannte Täter. Dies sei zwar nicht zu vermeiden (wenn ein Camp eigenverantwortlich mit solchen Vorfällen umgehen wolle), allerdings sollte besagte (Durchsetzungs-)Macht aus unterschiedlichen Gründen nicht über längere Zeiträume von den gleichen Personen ausgeübt werden. Schließlich wurde auch darauf hingewiesen, dass die Arbeit in einer Awareness- bzw. Ansprechgruppe ausdrücklicher Vorbereitung bedürfe und außerdem einschlägiger Vorerfahrungen mindestens eines Teiles der Gruppe.
Von hier aus ging es dann zu der Frage, warum es auf dem Hamburger Doppelcamp keine Awareness- bzw. Ansprechgruppe gegeben hat. Deutlich wurde, dass zwar in beiden Vorbereitungszusammenhängen die Frage mehrmals aufgeworfen wurde, dass sich jedoch aus Kapazitätsgründen keine entsprechenden Gruppen gefunden hatten. In diesem Zusammenhang wurde auch in Erinnerung gerufen, dass in beiden Vorbereitungskreisen VertreterInnen der Ansprechgruppen aus dem Jahr 2003 (Kölner Grenzcamp und Aktionstage in Fürth) und vom G8-Gipfel in Heiligendamm bereit erklärt hatten, Informationen und Erfahrungen weiterzugeben. Allein: Es gab niemanden, die bzw. der noch Raum gehabt hätte, eine solche Aufgabe zu übernehmen (insofern konnten die über die Mailinglisten verschickten Erfahrungsberichte auch nichts mehr ausrichten).
Hieraus entwickelte sich eine Debatte, wie dies einzuschätzen sei: So wurde von mehreren Leuten die Frage aufgeworfen, weshalb wir nicht irgendwann „Stopp“ gesagt und das Camp abgesagt hätten, einfach deshalb, weil eine zentrale Aufgabe nicht vergeben gewesen sei. Denn ein Camp würde ja auch abgesagt werden, wenn es zum Beispiel keinen Platz oder keine Vokü gäbe. Dem wurde entgegnet, dass im gesamten Vorbereitungsprozess Leute gefehlt hätten und dass mensch insofern das Camp-Projekt gar nicht erst hätte beginnen dürfen (zumindest wenn mensch die Logik des ersten Arguments zu Ende denkt).
Darüber hinaus sollte nicht vergessen werden, dass Camps immer auch selbstorganisierte Räume seien, bei denen TeilnehmerInnen spätestens auf dem Camp selbst Verantwortung übernehmen könnten bzw. sollten.
Wie auch immer, am Ende bestand Einigkeit über zweierlei: Erstens sollte es bei zukünftigen Großereignissen wieder mehr Luft und unverplante Zeit geben, so dass auch auf Konflikte wie etwa die Auseinandersetzung um den Film adäquat reagiert werden könne (in dieser Hinsicht habe es einfach zu viele Aktionen gegeben). Zweitens sollten zukünftig Awarness- bzw. Ansprechgruppen als unverzichtbarer Bestandteil der Camp-Infrastruktur angesehen werden. Das setze auch voraus, dass bisherige Erfahrungen (schriftlich) gesammelt würden und dass frühzeitig nach Leuten Ausschau gehalten würde, die bereit wären, eben diese Aufgabe zu übernehmen.